Das Leibniz-Institut für Agrartechnik und Bioökonomie (ATB) hatte die Ehre, Dr. Christian Patermann, einen der Gründerväter der europäischen Bioökonomie, für ein Kolloquium in Potsdam zu begrüßen. In seinem Vortrag beleuchtete er die jüngsten globalen Entwicklungen der Bioökonomie und skizzierte wertvolle Perspektiven für die zukünftige Ausrichtung des ATB.
Die zirkuläre Bioökonomie ist ein zentrales Element für den Übergang zu einer nachhaltigen und zukunftsfähigen Wirtschaftsweise. Dr. Christian Patermann gilt als einer ihrer wichtigsten europäischen Wegbereiter, dessen Wirken die Bioökonomie in ihrer heutigen Form maßgeblich geprägt hat. Auch nach seiner Pensionierung von der EU-Kommission im Jahr 2007 ist er eine treibende Kraft geblieben, unter anderem als Gründungsmitglied des ersten deutschen Bioökonomierates.
In seinem Vortrag mit dem Titel ,,Jüngste Entwicklungen der Bioökonomie in Europa und der Welt – Perspektiven für das ATB in Zeiten von Polykrisen” präsentierte Dr. Patermann vergangene Woche zentrale Entwicklungen und Visionen. Er betonte, dass die Bioökonomie trotz globaler Unsicherheiten eine hohe Priorität behält, was durch neue Initiativen seitens der EU-Kommission wie „Building the Future with Nature“ untermauert wird. Zu den neuen globalen Prioritäten zählte er die Skalierung von Prozessen, die Entwicklung neuer Finanzierungs- und Förderinstrumente, die Deregulierung zur Risikominimierung sowie die Integration von KI und Digitalisierung.
Prof. Barbara Sturm, Wissenschaftliche Direktorin des ATB, zeigt sich beeindruckt: "Wir sind Dr. Patermann sehr dankbar für seinen Besuch und die inspirierenden Einblicke. Seine Perspektiven sind für uns von großem Wert und eine wunderbare Bestätigung unserer Arbeit. Es freut mich außerordentlich zu sehen, dass die von ihm skizzierten Zukunftspfade genau die Richtung spiegeln, die wir am ATB bereits eingeschlagen haben – ganz besonders mit unserer geplanten großen strategischen Erweiterung. Das bestärkt uns darin, unseren Kurs konsequent fortzusetzen und die Bioökonomie als Lösungsanbieter für gesellschaftliche Herausforderungen noch stärker zu positionieren."
Bioökonomie sei, laut Patermann, die komplexeste und forschungsintensivste Wirtschaftsform. Es bedürfe professioneller Kommunikatoren, Narrative und guter Beispiele, um diese in die Gesellschaft zu bringen. Dafür arbeiten Forschende des ATB schon seit langem mit systemischem Ansatz. In der Arbeitsgruppe von Dr. Philipp Grundmann „Innovationen in soziotechnischen Systemen“ liegt der Fokus insbesondere auf Wechselwirkungen von ökologischen und sozialen Systemen und wie diese im Sinne der Bioökonomie gemeinsam mit relevanten Akteuren aus Praxis, Politik und Forschung gestaltet werden können. Mit der geplanten Erweiterung des ATB wird diese systemische Herangehensweise auf ein ganz neues Level gelangen.
Für das ATB leitete Patermann konkrete Handlungsempfehlungen ab: Er lobte die bisherige Ausrichtung, riet jedoch zu einer Stärkung von Partnerschaften in Bereichen wie Nutztierhaltung und Paludikultur sowie zu einem verstärkten Fokus auf den Aufbau von Infrastrukturen für Bioraffinerien. Damit bestärkt er die strategische Positionierung des ATB im Leibniz-Verbund INFECTIONS, im Leibniz-Lab Pandemic Preparedness und in globalen Organisationen wie der FAO, in der ATB-Forscherin Prof. Barbara Amon den Vorsitz der Technical Advisory Group on Circular Bioeconomy in Livestock Supply Chains hält. Ebenso unterstreicht er unsere verstärkten Bestrebungen, durch Wiedervernässung von Mooren neue Verwertungsnetze zu entwickeln und Paludibiomasse nutzbar zu machen. Mit dem Aufbau der neuen Bioraffinerie-Infrastruktur im Leibniz-Innovationshof für nachhaltige Bioökonomie (InnoHof) sowie dem Vorangehen mit unserem neuen Konzept zur smarten, integrierten Bioraffinerie geht das ATB einen wichtigen Schritt auf dem Weg zu einer nachhaltigen Bioökonomie.
Hier können Sie den Vortrag auf Youtube in Gänze anschauen.
Das Kolloquium fand am 23. Juli 2025 am ATB in Potsdam statt. Nach dem 45-minütigen Vortrag in englischer Sprache nutzten die Teilnehmenden vor Ort und via Zoom die Gelegenheit, um ihre Fragen an Dr. Patermann zu richten und in einen offenen Austausch mit ihm zu treten.