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MarginUp! – Ein Forschungsprojekt möchte Biodiversität und Wertschöpfung auf Grenzertragsstandorten erhöhen

Gruppenfoto: Mitglieder des MarginUp! Konsortiums

Mitglieder des Konsortiums bei der Besichtigung des spanischen Pilotprojektes in Mérida im Januar 2023.

Viele landwirtschaftliche Grenzertragsstandorte in Europa stehen entweder vor einer Intensivierung der Nutzung durch den Anbau von Biomasse oder einem Aus der Nutzungnahme. Beide Entwicklungen haben massive Auswirkungen auf die Umwelt und Ökosystemleistungen, die von diesen Standorten ausgehen. Das von der EU finanzierte Projekt MarginUp! ist mit dem Ziel gestartet, Landnutzungsalternativen für marginale landwirtschaftliche Anbauflächen zur Produktion von pflanzlichen Rohstoffen für den industriellen Gebrauch zu entwickeln, die gleichzeitig den hohen Wert dieser Standorte für die Biodiversität und die Erbringung von Ökosystemleistungen berücksichtigt.

Das Projekt wird vom Leibniz-Institut für Agrartechnik und Bioökonomie e.V. (ATB) in Potsdam koordiniert und vereint 29 Partner aus verschiedenen Sektoren in Landwirtschaft und Bioökonomie. Die Partner kommen aus acht europäischen und zwei außereuropäischen Partnerländern (Argentinien und Südafrika). Aus Deutschland sind neben dem ATB das Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF) e. V., die Secalflor GmbH sowie das inter 3 Institut für Ressourcenmanagement beteiligt.

MarginUp! entwickelt Wertschöpfungsketten zur Produktion von Bio-Produkten und Energieträgern aus erneuerbaren, natürlichen Rohstoffen. Der Anbau von Kulturen wie Hanf, Kenaf, mehrjährige holzige Arten, einheimische Kräuter, spezielle Raps- und Rübensorten, Schilf, Rohrglanzgras, Seggen und anderen erfolgt auf Standorten mit ungünstigen Voraussetzungen für die Landwirtschaft, welche gleichzeitig oft besondere Beiträge für die Biodiversität und Ökosystemleistungen erbringen. Die Wertschöpfungsketten sind auf Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft ausgerichtet. Durch die Einführung klimaresilienter, nachwachsender Rohstoffe (keine Nahrungspflanzen) auf marginalen und unproduktiven Standorten wird die Widerstandsfähigkeit der Landwirtschaftssysteme verbessert, die Artenvielfalt erhöht und regionalen Akteuren eine Einkommensquelle geboten.

Das Projekt mit einer Laufzeit von 48 Monaten begann offiziell im Dezember 2022 und erhält im Rahmen des Förderprogrammes Horizon Europe (Circular economy and bioeconomy sectors, CORDIS) insgesamt Mittel in Höhe von knapp sieben Millionen Euro von der Europäischen Kommission.

Auf dem offiziellen Eröffnungstreffen in Mérida, Spanien, trafen sich die Partner des Konsortiums, um die anstehenden Aufgaben der nächsten Jahre abzustimmen.   

 

“Das Projekt MarginUp! wurde initiiert, um einen Fortschritt in der Entwicklung von kreislauforientierten, bioökonomischen Geschäftsmodellen zu erreichen, welche ungünstige Landwirtschaftsstandorte in Wert setzen und gleichzeitig Artenvielfalt und Akteursbeteiligung fördern.”

Dr. Philipp Grundmann, Leiter der Arbeitsgruppe Soziotechnische Innovationen des ATB und Koordinator von MarginUp!

 

Das Anwendungsbeispiel in Deutschland

Im Bundesland Brandenburg befindet sich eine der 5 EU-Regionen, die mit einem Anwendungsbeispiel am Projekt MarginUp! teilnimmt. Hier werden im Rahmen des MarginUp!-Projekts Verfahren für die Nutzung von Biomasse von wiedervernässten Niedermooren (Paludikultur) entwickelt, um einen natürlich wachsenden Rohstoff für die nachhaltige Produktion von Biomasse und die anschließende Herstellung von biobasierten Produkten sowie Bioenergie bereitzustellen. Die Verwendung von Biomasse von Niedermoorflächen erfordert die Anpassung der herkömmlichen Ernte- und Nacherntetechnik an die neuartigen Pflanzen im Anwendungsfall, wie z. B. die Verwendung modifizierter Raupenfahrzeuge für die Arbeiten in den Moorgebieten. Der Anwendungsfall wird von den Partnern Secalflor GmbH und ATB gemeinsam mit lokalen Landwirten entwickelt.

Hintergrund und existierende Bedarfe

Zum jetzigen Zeitpunkt sind in Folge von Landnutzungspraktiken, Verschmutzung, intensiver Landwirtschaft, Urbanisierung und Klimawandelfolgen etwa 60-70% aller Böden in Europa in ungesundem Zustand. Dadurch und aufgrund anderer biophysikalischer Limitierungen der landwirtschaftlichen Produktivität werden fast 30% der Fläche der EU-28-Länder als marginale Flächen eingestuft: Das heißt, dass sie nur geringen landwirtschaftlichen oder wirtschaftlichen Wert haben, da die finanziellen Erträge aus dem Anbau von Pflanzen geringer sind als die Kosten für den Anbau. Einmal aufgegeben, degradieren diese Flächen weiter, was wiederum zu mehr Biodiversitätsverlust und Schäden an den Ökosystemen führt. Dies macht das Land und die umliegenden Ökosysteme anfällig gegenüber Klimawandelfolgen, inklusive der fortschreitenden Wüstenbildung.

MarginUp! entwickelt Lösungen, damit die marginalen Flächen rentabel genutzt werden können. Gleichzeitig soll der Anbau von klimaresilienten und standortangepasster Nutzpflanzen die Produktion nachhaltiger Rohstoffe auf marginalen Flächen die Biodiversität erhöhen. Dies bietet eine reichhaltige Versorgung mit erneuerbaren Rohstoffen zur lokalen Produktion von hochwertigen, bio-basierten Gütern, und unterstützt gleichzeitig die Wiederherstellung gesunder Ökosysteme vor Ort.

In enger Zusammenarbeit mit den Akteuren des wachsenden Bioökonomie-Sektors wird MarginUp! nachhaltige und kreislauforientierte Wertschöpfungsketten entwickeln und so die Resilienz ländlicher Landwirtschaftssysteme verbessern. Um Biodiversität und positive Folgen für die Umwelt weiter zu fördern, wird MarginUp! das Verständnis dafür erhöhen, welche marginalen Flächen das höchste Potenzial zur Biomasseproduktion bei geringsten Auswirkungen auf den Anbau von Nahrungsmitteln (low indirect land-use change, ILUC) haben.

Lernen aus der Praxis: Sieben Anwendungsbeispiele

MarginUp! wird seine Erkenntnisse aus sieben Anwendungsbeispielen ziehen: Die fünf Beispiele in Europa – in Spanien, Griechenland, Schweden, Deutschland und Ungarn – sowie die zwei Projekte in Argentinien und Südafrika werden zusammen das Potenzial für eine erfolgreiche Übertragung der gewonnenen Ergebnisse auf andere Anwendungsfälle erhöhen. Die 29 Partner des Konsortiums arbeiten eng zusammen, um Erfolgsrezepte für den nachhaltigen Anbau von Biomasse und die Herstellung von Bio-Produkten unter Berücksichtigung der lokalen Ökosysteme und ihrer Biodiversität zu identifizieren. Jedes Pilotprojekt wird auch die bisher vorherrschende Nutzung und die vorhandenen Eigenschaften der Flächen untersuchen und Pflanzengemeinschaften vorschlagen, welche die Biodiversität und die Produktivität der Böden erhöhen (unter Berücksichtigung der lokalen Bedingungen: mediterrane Böden in Spanien, ehemalige Tagebaue in Griechenland, boreale Böden in Schweden, Feuchtgebiete in Deutschland, semi-aride Gebiete in Ungarn, degradierte Weiden in Argentinien und von Verbuschung bedrohte Savannen in Südafrika). Die vorgeschlagenen Nutzpflanzen werden eine nachhaltige Versorgung mit Rohstoffen sicherstellen und so die Entwicklung von bio-ökonomischen Geschäftsmodellen auf lokaler und regionaler Ebene unterstützen und gleichzeitig positive Auswirkungen auf Ökosysteme und höhere Resilienz gegen Klimawandelfolgen bieten.

Durch diese Aktivitäten trägt MarginUp! direkt zu europäischen Klimaneutralitätszielen und politischen Programmen wie dem European Green Deal, dem Circular Economy Action Plan, der Bioeconomy Strategy, und der EU Soil Strategy bei.

 

Mehr über MarginUp!

MarginUp! entwickelt nachhaltige und kreislauforientierte Wertschöpfungsketten zur Herstellung von Bioprodukten und Biokraftstoffen aus natürlichen Rohstoffen, die auf marginalen Flächen angebaut werden. Durch die Einführung von klimaresistenten und biodiversitätsfördernden Nicht-Nahrungsmittel-Kulturen auf marginalen und wenig produktiven Böden wird MarginUp! die Widerstandsfähigkeit landwirtschaftlicher Systeme steigern, einen Beitrag zur Artenvielfalt leisten und die Beteiligung von Interessengruppen fördern.

Beitrag der Partner zum MarginUp! Projekt

Das Leibniz-Institut für Agrartechnik und Bioökonomie e.V. (ATB) ist Pionier und Treiber der Bioökonomieforschung. Das ATB schafft wissenschaftliche Grundlagen für die Transformation von Agrar-, Lebensmittel-, Industrie- und Energiesystemen in eine umfassende biobasierte Kreislaufwirtschaft. Es entwickelt und integriert Technik, Verfahren und Managementstrategien im Sinne konvergierender Technologien, um hochdiverse bioökonomische Produktionssysteme intelligent zu vernetzen und wissensbasiert, adaptiv und weitgehend automatisiert zu steuern. Das ATB forscht im Dialog mit der Gesellschaft – erkenntnismotiviert und anwendungsinspiriert. Neben der Koordination liegt ein Schwerpunkt der Forschungsbeiträge des ATB im Projekt in der Abschätzung der sozioökonomischen Auswirkungen der vorgeschlagenen technischen und sozialen Innovationen sowie in der Ableitung von Transformationspfaden und Handlungsempfehlungen für Politik und Praxis.

Das inter 3 Institut für Ressourcenmanagement mit Sitz in Berlin ist bei MarginUp! vor allem für die Multi-Akteurs-Analysen sowie die gezielte und nachhaltige Einbindung der wichtigsten Akteure in die Entwicklung der länderspezifischen Wertschöpfungsketten verantwortlich. Über deren Entwicklung und Umsetzung hinaus wird inter 3 die Akteure auch dabei begleiten, schon heute eine zukünftige Nutzung in größeren Maßstäben mit zu denken. inter 3 verfügt über mehr als 25 Jahre Erfahrung in Innovationsforschung und Innovationsmanagement mit eigens für das Innovationsmanagement von Nachhaltigkeitsprojekten entwickelten Methoden.

Das Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF) e.V. bringt in das Projekt MarginUP! seine Erfahrungen aus der empirischen Feldforschung zu Biodiversitätseffekten verschiedener Landnutzungssysteme, u.a. im Energiepflanzenanbau oder Agroforstsysteme, sowie zu speziellen aktiven Maßnahmen zur Förderung der Biodiversität im Rahmen moderner landwirtschaftlicher Produktionssysteme ein. Ein Schwerpunkt der Forschungsbeiträge des ZALF wird die Entwicklung eines Bewertungssystems für die neuartigen Produktionssysteme auf Marginalstandorten sein. Darüber hinaus bewertet das ZALF die Ökosystemeffekte der neuartigen Produktionssysteme, und erarbeitet Problemlösungsvorschläge bei evtl. Konflikten zwischen den neuartigen Produktionssystemen und einzelnen regionalen Biodiversitätszielen.

Kontakt

Dr. Philipp Grundmann, ATB
Dr. Thi Huyen Trang Dam, ATB

Projektkoordinator
marginup@spam.atb-potsdam.de
pgrundmann@spam.atb-potsdam.de

Marisol Castro Rey, Greenovate!
Koordinatorin für Kommunikation
m.castro@spam.greenovate-europe.eu

www.margin-up.eu 
@MarginUp_EU
MarginUp! EU